Willkommen in der Lutherstadt Gotha!
von Klaus Held
Hier liegen die meisten originalen Luther-Handschriften überhaupt
Wenn sich die Lutheriden 2022 in der „Reformationsstadt Europas“ Gotha treffen, dann wird das ein besonderer Höhepunkt in unserem Festjahr „500 Jahre Reformation“ und wir bieten Ihnen dazu ein hochinteressantes „Pflaster“, um auf den Spuren Ihres Ahnen Martin Luther zu wandeln.
In der langen Reihe der Wirkungsstätten Luthers gehört auch Gotha zu den wichtigsten Schauplätzen der Reformation. Die Stadt im Herzen Thüringens hatte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts zunächst durch das Wirken Mutianus Rufus‘ zu einem Zentrum des Humanismus entwickelt. In dieses heiratete Lucas Cranach ein, der spätere Künstler der Reformation, in dem er 1512 die Gothaer Ratsherrentochter Barbara Brengebier ehelichte.
Drei Jahre darauf startete dann in Gotha eine der bedeutendsten Kirchenkarrieren überhaupt. Martin Luther predigte hier Ende April 1515 anlässlich eines Kongregationskapitels des deutschen Augustinerordens. Dabei wurde er für die drei folgenden Jahre zum Distriktsvicar der Augustiner in Thüringen und Sachsen gewählt. Seine Aufsehen erregende Predigt über die Laster der Mönche machte zugleich Mutianus Rufus auf ihn aufmerksam, der mit Luther daraufhin in Briefwechsel trat.
Im Folgejahr wurde mit Cyriacus Lindemann jener Cousin Luthers in Gotha geboren, der später einmal als erster protestantischer Rektor in die Geschichte der Universität Leipzig eingehen sollte. Luther selbst visitierte am 29. Mai 1516 das Gothaer Augustinerkloster, in dem er fünf Jahre später, am 8. April 1521, auf der Reise nach Worms, erneut predigte und großen Eindruck hinterließ, weil während seinen Ausführungen unter lautem Gepolter Steine aus der Giebelwand herabstürzten, die laut einer gern erzählten Gothaer Sage, der Teufel aus Wut darüber herausgerissen hätte, weil Luther ihm so viele Seelen entzöge.
Nach dem Einsetzen der Reformation in Gotha besuchte Martin Luther 1529, 1537 und 1540 noch viermal unsere Stadt und seinen hier als Superintendenten wirkenden Freund Friedrich Myconius. Bei seinem Besuch 1537 musste Luther für mehrere Tage im Gasthof „Zur Löwenburg“ am Hauptmarkt Krankenlager nehmen, wo er in Erwartung des Todes sogar sein Testament diktierte und mit Myconius bereits sein Begräbnis in Gotha besprach. Die Gothaer pflegten den Reformator jedoch wieder gesund, der sich anschließend noch neun Jahre seines Lebens erfreute.
Paul, der fünfte Sohn von Martin und Katharina Luther, wurde 1567 in Gotha Zeuge eines bedeutenden stadtgeschichtlichen Ereignisses in Gotha. Als Leibarzt von Herzog Johann Friedrich II. erlebte er die „Grumbachschen Händel“ und das scharfrichterliches Ende der in dieser Angelegenheit Unterlegenen an, die mit der Schleifung von Schloss Grimmenstein eine Zäsur in der Geschichte unserer Stadt bedeutete.
Im 21. Jahrhundert ist Luthers Erbe vielfältig in Gotha präsent. Zu Recht wird die im Schloss Friedenstein beheimatete Forschungsbibliothek das „Gedächtnis der Reformation“ genannt. Hier liegen die meisten originalen Luther-Handschriften überhaupt und die UNESCO hat die dort bewahrte Erstpublikation von „Die Freiheit eines Christenmenschen“ zum Weltdokumentenerbe erhoben.
An all diesen Beispielen sehen Sie, liebe Lutheriden, für ein Treffen der Nachkommen Luthers in Gotha ist es angesichts dieser historischen und genealogischen Hintergründe wirklich einmal Zeit geworden und wir freuen uns auf Sie! Besuchen Sie im September 2022 unsere Stadt und genießen Sie eine gute Zeit, getreu dem Motto „Gotha adelt!“.
Knut Kreuch, Oberbürgermeister